Wettskandal erschüttert Tennis Zirkus

, Januar 22, 2022

Novak Djokovic


Auch der Weltranglistenerste Novak Djokovic sollte für das Wettsyndikat Spiele manipulieren. Er konnte den Bestechungsversuchen aber widerstehen. (Bildquelle: Wikimedia.org)

Diese Woche begann mit dem Australian Open das erste Grand Slam Tennisturnier des Jahres. Doch genau zum Start der Matches in Melbourne wurde der Tennis Zirkus von einem großen Wettskandal erschüttert.

Ans Licht kam der Skandal durch die britische BBC und das US-Medium BuzzFeed. BuzzFeed bekam in Person von Reporterin Heidi Blake geheime Dokumente von Insidern der Tennis-Welt zugespielt. Seit 2022 arbeitet Blake als Investigativ Reporterin für BuzzFeed. Zuvor war sie als Reporterin für die Zeitungen „Sunday Times“ und „Daily Telegraph“ tätig. Zusammen mit BBC-Journalist Simon Cox arbeitete sie seit geraumer Zeit an der Aufdeckung des Wettskandals.

BuzzFeed begann nach den Hinweisen zahlreiche professionelle Tennisspiele der letzten sieben Jahre auszuwerten, bei denen ungewöhnlich hohe Beträge auf die Außenseiter gesetzt wurden. BuzzFeed kam zu dem Ergebnis, dass 15 Spieler regelmäßig Matches verloren. Vor allem vier Spieler verloren immer wieder Matches, bei denen es besonders hohe Quoten auf Außenseiter Siege gegeben hatte. Ein Spieler, der aktuell unter den Top 50 in der Weltrangliste steht, verlor wohl immer seinen ersten Satz.

Auch Wimbledon-Matches und Grand Slam-Finals manipuliert?

Im Mittelpunkt der Manipulationen sollen vor allem Spiele kleinerer Turniere gestanden haben, bei denen es für die Spieler sowieso nicht so viel an Preisgeld zu gewinnen gab. Hier sollen die Bestechungsgelder sogar oft größer gewesen sein als die Prämien für den Turniersieg. Aber auch Wimbledon-Matches und Grand Slam-Finalbegegnungen sollen manipuliert worden sein.

Russische und italienische Wettsyndikate stecken angeblich hinter den Manipulationen. Für absichtliche Niederlagen sollen Spieler zwischen 50.000 und 100.000 Dollar bekommen haben. Wenn Spieler sich weigerten bei den Manipulationen mitzumachen, wurden sie und ihre Familien bedroht.

Die Syndikate versuchen wohl schon seit Jahren die Tennis Szene zu unterwandern. Beim Tennis haben Wettbetrüger im Gegensatz zu anderen Sportarten einen Vorteil: Sie müssen nur einen Spieler bestechen, damit dieser sein Spiel verliert. Manche Spieler nehmen eine Niederlage in weniger wichtigen Turnieren zudem recht locker hin, da nur die besten 18 Turnierplatzierungen eines Jahres in die Wertung für die Weltrangliste eingehen.

Auch Djokovic sollte absichtlich Spiele verlieren

Im Zuge der Ermittlungen gestand auch der Weltranglistenerste Novak Djokovic, dass man versucht habe ihn zu bestechen. Im Jahr 2007 war während der St. Petersburg Open in Russland ein Mitglied seines Teams angesprochen worden. Das Wettsyndikat soll dem Serben 200.000 Dollar geboten haben, um absichtlich ein Spiel zu verlieren. Natürlich habe Djokovic den Versuch sofort abgelehnt. Der Weltranglistenerste ist sich sicher, dass von den aktuellen Top-10 Spielern niemand je ein Spiel absichtlich manipuliert habe. Aber im weiteren Bereich der Weltrangliste könnten durchaus schwarze Schafe mit dabei sein.

Ein Tennis Match, bei dem eine Manipulation aufgedeckt werden konnte, aber nie klar war, wer dahintersteckt, tauchte nun auch wieder auf. 2007 traf der russische Profi Nikolai Dawydenko in der zweiten Runde eines Turniers im polnischen Sopot, welches als Hochburg der Wettbetrüger gilt, auf den argentinischen Außenseiter Martin Vasallo Arguello. Arguello war damals auf Platz 87 der Weltrangliste. Dawydenko gewann den ersten Satz mit 6:2 und lag im zweiten ein Break vorne.

Dawydenko gibt im 3. Satz plötzlich wegen einer Fußverletzung auf

Beim Wettanbieter gingen zu diesem Zeitpunkt trotzdem hohe Wetten auf den Argentinier ein. Insgesamt sollen fast vier Mio. Euro auf einen Sieg von Arguello gesetzt worden sein. Wenig später verlor der Russe Satz zwei mit 3:6 und gab dann im dritten Satz überraschend wegen einer Fußverletzung auf. Dawydenko konnte wegen fehlender Beweise nie verurteilt werden. Der Schwindel flog aber auf, da die Quote auf den Außenseiter durch die ungewohnt hohen Beträge in den Keller rauschte und Arguello plötzlich Favorit bei den Buchmachern war.

Dem BBC-Journalist Simon Cox lagen Jahre später Daten vom Handy des Argentiniers Arguello vor. Noch am Morgen des Skandal-Spiels kam es zur direkten Absprache. Mittelsmann war ein Sizilianer. Das Handy von Arguello wies 82 Nachrichten mit dem Drahtzieher auf.

ATP wusste seit 2008 Bescheid

Die BBC und BuzzFeed behaupteten, dass die ATP schon seit 2008 über 28 auffällige Top-Profis Bescheid wusste. Doch von diesen wurde keiner gesperrt. Die ATP unternahm nichts. Auch die Tennis-Integrity Unit (TIU), die für die ATP auffälliges Spielerverhalten untersucht, sperrte in den vergangenen Jahren sieben namenlose Spieler und einen Schiedsrichter.

Für Gesprächsstoff sorgt auch die Tatsache, dass Buchmacher William Hill seit dem vergangenen Jahr offizieller Wettpartner des Australian Open ist. Für den britischen Buchmacher sind solche Partnerschaften zwischen Sportwettenanbietern und Sportgroßveranstlatungen nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Durch eine enge Zusammenarbeit können Veranstalter eines Events schnell auf Unregelmäßigkeiten bei den Wettabgaben aufmerksam gemacht werden.

Hat auch ein Grand Slam Sieger Spiele manipuliert?

Namen von beschuldigten Spielern wurden bisher nicht genannt. Acht verdächtige Spieler sollen in diesen Tagen auch bei dem Australian Open an den Start gehen. Mindestens ein Grand-Slam-Sieger der vergangenen 10 Jahre soll auch Spiele manipuliert haben. Topstars wie Roger Federer fordern, dass die Namen veröffentlicht werden, damit der Ruf des Sports wiederhergestellt werden kann.